Der Beginn

Die Idee stammt aus der MItte der 1980er Jahren, die konkreten Umsetzungsmassnahmen starteten dann 1989.
Ing. Lenk war das Hirn dahinter und die Idee war so genial wie auch einfach. Portale unter denen der Rest der Straßenbahn aufgehängt ist. Niederflur ohne Ende.

1989 fiel die Entscheidung bei der damals noch eigenständigen SGP (Simmering-Graz-Pauker) in Wien zur Entwicklung einer völlig neuen Niederflurstraßenbahn, die im Inneren weder über Podeste oder Stufen, noch über steile Rampen verfügt.

In Zusammenarbeit mit Elin und Siemens wurde die Niederflurstraßenbahn mit der offizielle Bezeichnung ULF (ultra low floor) 197 entwickelt. Als Grundmodell wurde das Modell 197-4 definiert, das bei einer Länge von 24,2 Meter und einer Breite von 2,4 Meter einen durchgehenden Wagenboden 205 mm über SOK (Schienenoberkante) aufweist. Durch die leichte Anrampung bei den Schwenkschiebetüren wird eine Einstiegshöhe von 180 mm über SOK, das ist Gehsteighöhe, erreicht.

Von den vorhandenen acht Rädern sind sechs mit je einem 60 kW starken Motor ausgestattet ("Achsfolge" 1´A´A´A´), wodurch eine maximale Anfahrbeschleunigung von 1,2 m/s2 und eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h erreicht werden kann.

Der in Modulbauweise gefertigte Ulf verfügt über keine Achsen, ihre Funktion übernimmt die Elektronik; das heißt unter 18 km/h werden beide Räder auf ein gleiches Drehmoment geregelt; bei darüberliegenden Geschwindigkeiten erfolgt eine Sinustaktsteuerung, die ein Fahrverhalten wie mit herkömmlichen Radsätzen garantiert. Die komplette Antriebs- und Radführungstechnik ist seitlich, senkrecht in den Wagengelenken untergebracht, die anderen elektrischen Geräte wie Umrichter, Heizung oder Kühlung oder die Bordnetzversorgung sind am Dach untergebracht.

Das einfach geniale ist die an einen Hafenkran erinnernde Portalbauweise durch die die Absenkung des Bodens erst möglich wurde. Die beiden Räder eines Portals sind nach dem Prinzip der "Symmetralen-Steuerung" mit dem Wagen gekoppelt und stellen sich bei der Fahrt durch die Kurve selbständig radparallel zum Kurvenradius ein. Daraus folgt ein verringerter Verschleiß von Schiene und Rad, und das für Anrainer lästige Kurvenquietschens wird vermieden, eine weitere Folge ist der reduzierte Fahrwiderstand und der dadurch geringere Energieaufwand. Die Räderpaare des Bug-und Heckmoduls werden durch das vor- bzw. nachlaufenden Gelenk mit der sogenannten "Transversal-Steuerung" gesteuert. Heute heißt diese Vorrichtung Direktsteuerung. Sie machte anfänglich massive Probleme und führte zu einer erhöhten Abnutzung der Spurkränze der Räder des ersten und letzten Portals. Nur durch den Einsatz von neuartigen Kunststoffpufferrn und einer exakten Einstellung konnte diesem Problem entgegnet werden.

Ulf verfügt über ein automatisches Niveauregulierungssystem, das eine konstante Bodenhöhe garantiert. So wird auch eine individuelle Anpassung der Einstiegshöhe an verschiedene Situationen ermöglicht.

Am Portalrahmen sind die Antriebseinheiten, bestehend aus Fahrmotor und Achswinkelgetriebe aufgehängt. Der Sinuslauf der Achsen wird elektrisch nachgebildet, was zur Zusammenfassung der Antriebseinheiten einer Wagenseite zu jeweils einem Antriebssystem führte. Die Fahrmotoren einer Seite werden parallel an einen Traktionsumrichter geschaltet. Gesteuert und überwacht wird jedes System durch ein mikroprozessor gesteuertes Antriebsgerät ELIN-ELTAS. Die Fahrmotoren sind vollständig geschlossene geräusch- und wartungsarme Drehstrom-Asychronmotoren. Geschlossene Wasserkreisläufe sorgen für die Kühlung der Fahrmotoren und Traktionsumrichter. Der elektrische Schleuder- und Gleitschutz sorgt für die Entschärfung des Problems von Einzelradantrieben mit geringen Massen. Ulf verfügt auch über die Möglichkeit der Rückspeisung von Bremsenergie.

Überwachung, übergeordnete Steuerung, Diagnose und das BUS-Management erfolgen durch das Zentralsteuergerät Siemens SIBAS 32. Das System zeigt im Störfall am Fahrerdisplay die Art der Störung und die zu treffenden Maßnahmen. Durch automatisch erstellte Fehlerprotokolle können Reparatur und Service-Arbeiten in Zukunft gezielter durchgeführt werden.
An jedem Bug- und Heckmodul und am ersten Modul türseitig gibt es LCD-Fahrzielanzeigen. Auf der türlosen Seite ist ein Liniensignal sichtbar und im Fahrzeuginneren geben LED-Haltestellenanzeigen die nächste Haltestelle und die Endstation an. Von der Programmierbarkeit wären sie aber auch für andere Zwecke verwendbar. Das leistungsstarke Lüftungssystem kann pro Modul etwa 1500 m3/h Frischluft über die Deckenkanäle oder gefilterte Heizluft über die Bodenkanäle zuführen. Durch die Speicherheizregister ist die Verwendung der Bremsenergie für Heizzwecke möglich, auch kann das Fahrzeug mit einer Fußbodenoberflächenheizung ausgestattet werden.

Der Fahrerstand ist nach den damals modernsten ergonomischen und funktionellen Maßstäben gefertigt. Der Arbeitsplatz der Straßenbahnerinnen und Straßenbahner ist nicht nur vollklimatisiert und vom Fahrgastraum abgeschlossen, sondern auch bedienungsfreundlich und an die unterschiedlichen körperlichen Gegebenheiten anpassungsfähig. Dafür wurden die Wiener Linien auch für den Good Practice Award 2000 in Bilbao nominiert.